Homöopathische Fallaufnahme

Homöopathische Fallaufnahme

Author: 
Manish Bhatia
Eine Übersicht zur Fallaufnahme

Definition: Die Fallaufnahme ist der Vorgang, bei dem alle Fakten über den Patienten mit Hilfe von Beobachtung, Wahrnehmung, Krankheitsgeschichte - vom Patienten/Begleiter berichtet, klinische Untersuchung usw. gesammelt werden, um ein Mittel für den Patienten herauszufinden - unter Verwendung des Wissens über die homöopathische Materia medica, des Organons der Heilkunst und des Repertoriums.

Nach Meinung von Dr. Stuart Close: "Liegt die Absicht einer homöopathischen Untersuchung darin, die Symptome des Patienten in solcher Weise herauszuarbeiten, dass sie einen Vergleich mit den Symptomen der Materia medica zum Zwecke der Auswahl des Similimums oder des homöopathischen Mittels erlaubt.

Objektive Fallaufnahme: Das Sammeln aller Patientendaten, die dazu beitragen, die Gesamtheit eines Patienten zu erfassen, um dadurch das richtige Similimum zu finden. Es wird auch gesagt, dass eine gute Fallaufnahme die halbe Heilung ist.

Dr. Samuel Hahnemanns Richtlinien zur Kunst der Fallaufnahme

Dr. Hahnemann in his ‘Organon of Medicine’, aphorisms 83-104, has given the following instructions regarding the method of case-taking:

Dr. Hahnemann hat in seinem 'Organon der Heilkunst', Paragraphen 83-104, die folgenden Anweisungen bezüglich der Methode der Fallaufnahme gegeben:

§83: Diese individualisierende Untersuchung eines Krankheits-Falles, wozu ich hier nur eine allgemeine Anleitung gebe und wovon der Krankheits-Untersucher nur das für den jedesmaligen Fall Anwendbare beibehält, verlangt von dem Heilkünstler nichts als Unbefangenheit und gesunde Sinne, Aufmerksamkeit im Beobachten und Treue im Aufzeichnen des Bildes der Krankheit.

§84: Der Kranke klagt den Vorgang seiner Beschwerden; die Angehörigen erzählen seine Klagen, sein Benehmen, und was sie an ihm wahrgenommen; der Arzt sieht, hört und bemerkt durch die übrigen Sinne, was verändert und ungewöhnlich an demselben ist. Er schreibt alles genau mit den nämlichen Ausdrücken auf, deren der Kranke und die Angehörigen sich bedienen. Wo möglich lässt er sie stillschweigend ausreden, und wenn sie nicht auf Nebendinge abschweifen, ohne Unterbrechung. Bloss langsam zu sprechen ermahne sie der Arzt gleich Anfangs, damit er dem Sprechenden im Nachschreiben des Nöthigen folgen könne.

§85: Mit jeder Angabe des Kranken oder der Angehörigen bricht er die Zeile ab, damit die Symptome alle einzeln unter einander zu stehen kommen. So kann er bei jedem derselben nachtragen, was ihm anfänglich allzu unbestimmt, nachgehends aber deutlicher angegeben wird.

§86: Sind die Erzählenden fertig mit dem, was sie von selbst sagen wollten, so trägt der Arzt bei jedem einzelnen Symptome die nähere Bestimmung nach, auf folgende Weise erkundigt: Er liest die einzelnen, ihm berichteten Symptome durch, und fragt bei diesem und jenem insbesondere: z.B. zu welcher Zeit ereignete sich dieser Zufall? In der Zeit vor dem bisherigen Arzneigebrauche? Während des Arzneieinnehmens? Oder erst einige Tage nach Beiseitesetzung der Arzneien? Was für ein Schmerz, welche Empfindung, genau beschrieben, war es, die sich an dieser Stelle ereignete? Welche genaue Stelle war es? Erfolgte der Schmerz abgesetzt und einzeln, zu verschiedenen Zeiten? Oder war er anhaltend, unausgesetzt? Wie lange? Zu welcher Zeit des Tages oder der Nacht und in welcher Lage des Körpers war er am schlimmsten, oder setzte er ganz aus? Wie war dieser, wie war jener angegebene Zufall oder Umstand - mit deutlichen Worten beschrieben - genau beschaffen?

§87: Und so lässt sich der Arzt die nähere Bestimmung von jeder einzelnen Angabe noch dazu sagen, ohne jedoch jemals dem Kranken bei der Frage schon die Antwort zugleich mit in den Mund legen, oder so dass der Kranke dann bloss mit Ja oder Nein darauf zu antworten hätte; sonst wird dieser verleitet, etwas Unwahres, Halbwahres oder wirklich Vorhandenes, aus Bequemlichkeit oder dem Fragenden zu Gefallen, zu bejahen oder zu verneinen, wodurch ein falsches Bild der Krankheit und eine unpassende Curart entstehen muss.

§88: Ist nun bei diesen freiwilligen Angaben von mehren Theilen oder Functionen des Körpers oder von seiner Gemüths-Stimmung nichts erwähnt worden, so fragt der Arzt, was in Rücksicht dieser Theile und dieser Functionen, sowie wegen des Geistes oder Gemüths-Zustandes des Kranken, noch zu erinnern sey, aber in allgemeinen Ausdrücken, damit der Berichtgeber genöthigt werde, sich speciell darüber zu äussern.

§89: Hat nun der Kranke - denn diesem ist in Absicht seiner Empfindungen der meiste Glaube beizumessen - auch durch diese freiwilligen und bloss veranlassten Aeusserungen dem Arzte gehörige Auskunft gegeben und das Bild der Krankheit ziemlich verfollständigt, so ist es diesem erlaubt, ja nöthig, nähere, speciellere Fragen zu thun.

Welchen Mundgeschmack hat er? Welche Vorlieben hat er bei Nahrung und Getränken? Welche sind ihm zuwider? Hat alles seinen natürlichen Geschmack oder einen ungewöhnlichen? Wie fühlt er sich nach dem Essen oder Trinken? Hat er irgend etwas über den Kopf, die Glieder oder den Bauch zu berichten?

§90: Ist der Arzt mit Niederschreibung dieser Aussagen fertig, so merkt er sich an, was er selbst an dem Kranken wahrnimmt und erkundigt sich, was demselben hievon in gesunden Tagen eigen gewesen.

Die Fallaufnahme in groben Zügen

1. Die Geschichte oder Befragung des Patienten

(a) Besonderheiten des Patienten

(b) Gegenwärtige Beschwerden

(c) Persönliche Geschichte

(d) Vorleben

(e) Familienanamnese

(f) Allgemeines (repertorisch)

2. Körperliche Untersuchung

3. Vorläufige Diagnose

4. Spezielle Untersuchung

5. Klinische Diagnose

6. Miasmatische Diagnose

7. Diagnose nach der Individualisation des Patienten

8. Therapeutische Diagnose - aufgrund der Totalität aller Symptome durch den Prozess der Auswertung der Interpretation und Analyse.

 

Das Wesentliche der Fallaufnahme

(Bearbeitet nach "Ein kurzgefasster Studienkurs in Homöopathie" von Dr. Elizabeth Wright)

 

I. Die Patientengeschichte

II. Modalitäten, angewendet auf die obigen Symptome, in der folgenden Reihenfolge:

(a.) Ursache

(b.) Prodrome, Ausbruch, Tempo, Reihenfolge, Dauer

(c.) Charakter, Örtlichkeit, Seitenbezug, Ausbreitung und Ausstrahlung der Schmerzen oder Empfindungen

(d.) Begleiterscheinungen und krankhafte Veränderungen

(e.) Verschlimmerung oder Verbesserung

1. Zeit (Stunde, Tag, Nacht, vor oder nach Mitternacht); Periodizität; Jahreszeiten; Mondphasen;

2. Temperatur und Wetter; gewöhnlich fröstelnd oder erhitzt, fröstelnd oder erhitzt während der Erkrankung; Wetterwechsel - Nässe, Trockenheit, Kälte, Hitze; Schneestürme; Gewitter; Sonnenhitze, Wind, Nebel, Schnee; im Freien, beheizter Raum, Wechsel vom Einen ins Andere, stickige überfüllte Orte, Luftzug, Bettwärme, Ofenhitze, sich aufdecken.

3. Baden (heiss, kalt, oder Meer), örtliche Anwendungen (heiss, kalt, nass oder trocken).

4. Ruhe oder Bewegung (langsam, schnell, hinaufsteigen, hinabgehen, Herumwälzen im Bett, Anstrengung, Gehen, zu Beginn der Bewegung, nach gewisser Dauer der Bewegung, während der Bewegung, nach der Bewegung , Auto, Seekrankheit).

5. Position: stehen, sitzen (überkreuzte Knie, aufstehen vom Sitzen), bücken (aufstehen vom bücken), liegen (auf schmerzhafter Seite, auf dem Rücken, rechte oder linke Seite, auf dem Bauch, den Kopf erhöht oder tief, aufstehen vom liegen), den Kopf zurücknehmen, vorbeugen, seitlich bewegen, die Augen öffnen oder schliessen, ungewöhnlich Körperposition wie Knie-zur-Brust.

6. Externe Stimuli: Berührung (stark oder sanft), Druck, Reiben, Einengung (Kleidung usw.), Geräusche, Fahren, Stufen gehen, Licht, Lärm, Unterhaltung, Gerüche.

7. Essen im Allgemeinen (vorher, während, nach warmem oder kaltem Essen oder Getränke), schlucken (Festes, Flüssiges, leeres Schlucken, saures, Fett, Salz, salziges Essen, Stärke, Zucker und Süssigkeiten, grünes Gemüse, Milch, Eier, Fleisch, Fisch, Muscheln, Zwiebeln, Bier, Spirituosen, Wein, Kaffee, Tee, Tabak, Drogen (Medikamente) usw.

8. Durst (Menge, Häufigkeit, heiss, kalt, eiskalt, sauer, bitter usw).

9. Schlaf: im Allgemeinen (vorher, während, während des Einschlafens, im Erstschlaf, danach, beim aufwachen).

10. Menstruation: vorher, während, danach, oder unterdrückt.

11. Schweiss: heisser oder kalter, Fussschweiss, stellenweise oder unterdrückt.

12. Weitere Absonderungen: Blutungen, Nasenschleim, Durchfall, Erbrechen, Urin, Samenerguss, Ausfluss usw. Unterdrückung desselben.

(f.) sonderbare, seltene, seltsame Symptome.

III. Der Patient als Gesamtheit: Körperliches im Allgemeinen und geistiges im Allgemeinen

KÖRPERLICHES IM ALLGEMEINEN

(a.) Der Konstitutionstyp des Patienten

(b.) Erkrankungen die durch Emotionen ausgelöst werden können: durch Unterdrückung (Emotionen können absondern, ausfliessen lassen, so bei Menstruation, Schweiss, Leukorrhöe, Katarrh, Durchfall usw); Hautausschläge; durch Infektionskrankheiten (z.B. Malaria, Rheumatisches Fieber, Syphilis, Gonorrhöe usw.); durch Pathologische Veränderungen (z.B. Hämorrhoiden, Fisteln, Geschwüre, entzündete Mandeln, Tumore, weitere chirurgische Indikationen usw.); durch äussere Einflüsse (z.B. Kälte, Hitze, Sonne, Nässe usw.); durch mechanische Umstände (sich Überessen, Verletzung usw).

(c.) Menstruation: Datum des Einsetzens, Regelmässigkeit (früh oder spät), Dauer, Farbe, Konsistenz, Geruch, Menge, Verbesserungen oder Verschlimmerungen (davor, während, danach) - physisch und psychisch, Menopause (Symptome der).

(d.) Weitere Absonderungen: Ursache, Farbe, Konsistenz, Geruch, beissend oder mild, Symptome derer Unterdrückung, Symptome die sich mit Hitze oder Kälte abwechseln, Seitenbezug, besser oder schlimmer durch die Absonderung (vorher, während, danach).

(e.) Schlaf: besser oder schlechter durch; schlimmer nach welcher Körperlage; Einschlafstörung; häufiges oder frühes Erwachen, um welche Uhrzeit; Somnambulismus; im Schlaf reden; Träume, unruhiger Schlaf.

(f.) Ruhelosigkeit: Erschöpfung, Schwäche, Zittern (am ganzen Körper?), Frösteln, Fieber usw.

(g.) Verschlimmerung und Verbesserung bezüglich des Patienten als Ganzes.

(h.) Objektive Symptome, z.B. Rötung von Körperöffnungen, übermässige Behaarung bezüglich des Patienten als Ganzes.

(i.) Pathologie, die sich auf den Patienten als Ganzes bezieht, z.B. Neigung zu Tumoren, Talgzysten, Zysten, Polypen, Warzen, Leberflecke, familiäre Vorbelastung für gewisse Erkrankungen oder Schwäche bestimmter Organe oder Gewebe (auch in Bezug auf (a.) und körperliche Untersuchung), Häufigkeit von Erkältungskrankheiten.

GEISTIGES IM ALLGEMEINEN

(a.) Wille: Liebe, Hass und Emotionen (suizidal, Abneigung zu leben); Lüsternheit, Abscheu vor Sex, sexuelle Perversionen; Ängste; Gier, Essverhalten, Lieblichkeit, Emotionalität. Rauchen, Trinken, Drogen/Medikamente; Träume; Drang zum Töten, Verlangen oder Wünsche bezüglich Gesellschaft, Familie, Freunde; Eifersucht, Misstrauen, Starrsinn, Widersprüchlichkeit, Depressionen, Geschwätzigkeit, Ungeduld, Gewissenhaftigkeit.

(b.) Verständnis: Wahnvorstellungen, Delirium, Halluzinationen, geistige Verwirrtheit, Verlust des Zeitgefühls.

(c.) Intellekt: Gedächtnis, Konzentration, Schreibfehler, Sprachfehler.

IV. Kurzer Überblick über den Zustand jedes Systems und Organs, Kopf-zu-Fuss-Schema.

V. Patientengeschichte

VI. Familiengeschichte.

 

Körperliche Untersuchung

Dies beinhaltet die allgemeine Inspektion, die lokale Untersuchung und die allgemeine Untersuchung.

(A.) Allgemeine Inspektion

(1.) Allgemeine Einschätzung der Erkrankung

(2.) Geistiger Status und Intelligenz

(3.) Körperbau und Ernährungszustand

(4.) Haltung

(5.) Gang(-art)

(6.) Antlitz: Gesichtsausdruck

(7.) Dekubitus: Lage des Patienten im Bett

(8.) Hautfarbe

(9.) Blässe

(10.) Hautausschläge

(11.) Puls

(12.) Atmung

(13.) Körpertemperatur

(B.) Lokale Untersuchung:

Dies ist der wichtigste Teil der körperlichen Untersuchung, da eine sorgfältige örtliche Untersuchung einen eindeutigen Hinweis auf die Diagnose liefern kann. Unter örtlicher Untersuchung verstehen wir die Untersuchung der betroffenen Region. Sie sollte unter Verwendung folgender klinischer Untersuchungsmethoden durchgeführt werden:

(1.) Inspektion - das Betrachten der betroffenen Körperstelle. Es sollte erst nach vollständigem Freilegen der betroffenen Stelle durchgeführt werden. Wo es möglich ist, sollte die Stelle mit der entsprechenden normalen Erscheinung verglichen werden.

(2.) Palpation - die betroffenen Stellen mit der Hand betasten. Dies wird nicht nur das Ergebnis der Inspektion bestätigen sondern noch Informationen hinzufügen und mit geschulten Händen wird man möglicherweise keine weiteren Untersuchungen benötigen, um zu einer Diagnose zu gelangen.

(3.) Perkussion - dem Klopfgeräusch lauschen, das beim Klopfen eines Fingers auf einen anderen oder mit Hilfe eines Perkussionshammers entsteht.

(4.) Auskultation - den inneren Körpergeräuschen mit Hilfe eines Stethoskops lauschen.

(5.) Bewegen und Ausmessen - Das Bewegen der entsprechenden Gelenke und Ausmessen (von Winkeln) der betroffenen Teile sind bei orthopädischen Fällen und in Fällen von Nervenverletzungen und bei Traumata wichtig.

(6.) Untersuchung der Lymphknoten - sie ist bei der klinischen Diagnose vieler akuter und chronischer entzündlicher Zustände hilfreich, auch zur Ermittlung der Beschaffenheit tumorbildenden Wachstums, ob gut- oder bösartig, und dem Ausmass von Metastasen.

(C.) Allgemeine Untersuchung:

Sie ist erforderlich um jegliche systemische Erkrankung eines Patienten mit lokalisierter Problematik auszuschliessen. Sie ist ebenso beim Auffinden der wahren Ursache eines Symptoms in einem bestimmten Organ hilfreich , wenn die Ursache der lokalen Symptomatik in einem anderen Körperbereich liegt. Schulterschmerzen, zum Beispiel, können durch Druck auf das Zwerchfell bei abdominaler Pathologie verursacht werden.

Attribute der Fallaufnahme

Die Falldokumentation sollte nach den folgenden Attributen analysiert werden:

(1.) Jedes der Symptome muss bezüglich der Empfindung, Örtlichkeit, Modalitäten und Begleiterscheinungen vollständig sein.

(2.) Die Symptome sollten in der chronologischen Reihenfolge ihrer Entwicklung und ihres Fortschreitens aufgeführt sein.

(3.) Sie müssen sich in subjektive und objektive Symptome aufteilen lassen.

(4.) Die Symptome müssen sich in allgemeine und besondere aufteilen lassen.

(5.) Jedes der allgemeinen oder besonderen Symptome muss sich als gewöhnlich oder ungewöhnlich unterscheiden lassen.

(6.) Der Rang eines jeden Symptoms muss sorgfältig notiert werden.

(7.) Die sonderbaren Verbindungen oder Begleiterscheinungen, oder Veränderungen bestimmter Symptome müssen, wenn vorhanden, deutlich niedergeschrieben werden.

(8.) Umwelteinflüsse, berufsbezogene oder exogene Einflüsse auf den Fall müssen dargestellt werden.

(9.) Der Kranken- und Familiengeschichte des Falles sollte die ihr zustehende Aufmerksamkeit gewidmet werden.

(10.) Die Falldokumentation sollte in jeder Beziehung sorgfältig, ordentlich, verständlich und vollständig geführt werden.

Homöopathische Fallaufnahme und pathologische Diagnose

-- Ansichten von Dr. Stuart Close

"Die Krankheitsdiagnose durch moderne Methoden basiert grösstenteils auf körperliche Anzeichen, Tests und Reaktionen, die unter Verwendung von vielen Präzisionsmessgeräten durchgeführt werden, ohne dass der Patient einen aktiven Teil übernehmen muss oder etwas davon verstehen kann. Auf der anderen Seite basiert die Auswahl des homöopathischen Mittels zum grössten Teil, und manchmal sogar gänzlich, auf Phänomene, oder der Ableitungen von Phänomenen, auf subjektive und bewusste Erfahrungen, die nur durch den Patienten wahrgenommen werden und von diesem dem Untersucher geäussert werden. Fast alle der objektiven Phänomene, die vom Standpunkt homöopathischer Heilmittel Wert besitzen, sind von solchem Charakter, dass sie nur die Verwendung der körpereigenen Sinne und die gewöhnliche Beobachtungsgabe des Patienten, seiner Freunde oder des Arztes selbst benötigen. Diese Unterscheidung sollte man sich bewusst halten. Die Untersuchung zum Zwecke pathologischer Studien und zur Diagnosefindung sind in verschiedenen Gebieten nötig und wichtig; aber vom Standpunkt homöopathischer pharmakologischer Heilmittel aus gesehen, ist sie von relativer und nicht absoluter Bedeutung. Abgesehen von der körperlichen und organischen Lage der Erkrankung liefern sie vergleichsweise wenig was dem homöopathischen Therapeuten bei seiner speziellen Arbeit der symptomatisch ähnlichen Mittelwahl von Wert sein könnte."

".......In diesem Sinne mögen wir alle im besten Interesse für unseren Beruf und unsere Patienten zusammenwirken und Hahnemann in seinem Postulat des ersten Paragraphen des "Organon" zustimmen: "Des Arztes erster und einziger Beruf ist, kranke Menschen gesund zu machen, was man Heilen nennt." Jede medizinische Spezialität ist diesem Ideal untergeordnet. Die Arbeit dessen, der homöopathische Mittel verschreibt, ist ausdrücklich die Anwendung krankheitsbezogener Mittel gemäss eines festen Prinzips, zu dem Zwecke, solche Umstände zu heilen, die für Heilmittel zugänglich sind, und dies muss immer die wichtigste aller Funktionen sein, die durch den Arzt ausgeübt wird.

Eine Notiz über die Gesamtheit der Symptome

-- Ansichten von Dr. Stuart Close

"Die Gesamtheit aller Symptome bedeutet zuerst die Gesamtheit eines jeden individuellen Symptoms. Ein einziges Symptom bedeutet mehr als ein einzelnes Faktum, es ist nämlich ein Faktum mit seiner Geschichte, seinem Ursprung, seiner Örtlichkeit, seinem Fortschreiten oder seiner Wirkrichtung, und seiner Umstände."

"..........Die Gesamtheit der Symptome bedeutet alle Symptome eines Falles, die die Fähigkeit besitzen, logisch zu einem harmonischen und einheitlichen Ganzen zusammengefügt zu werden und eine Gestalt, einen Zusammenhang und eine Individualität besitzen. Fachlich gesehen ist die Gesamtheit mehr als eine blosse Aufzählung der gesamten Symptome. Sie beinhaltet die "Begleiterscheinungen" oder die Gestalt in welcher die Symptome gruppiert sind."

".........Die Gesamtheit ist deshalb nicht bloss ein willkürlich, zufällig zusammengewürfeltes Durcheinander von Symptomen, ohne dass man sich einen Reim daraus machen, oder dass man einen Schluss daraus ziehen kann, sondern sie ist etwas mehr als eine ähnlich willkürliche Sammlung pathogener Symptome einer Arzneimittelprüfung, die die Materia medica bildet.

Die Gesamtheit bedeutet die Summe der Gesamtmenge der Symptome: nicht bloss die numerische Gesamtmenge - die gesamte Anzahl der Symptomendetails oder Einzelsymptome - sondern deren Gesamtsumme, deren organisches Ganzes als ein Individuum. So wie eine vollständig zusammengebaute Maschine mehr als eine numerische Ansammlung ihrer Einzelteile ist, so ist die Gesamtheit mehr als nur eine Ansammlung ihrer bestehenden Symptome. Es ist die Idee oder der Plan, der sie in einer besonderen Art und Weise vereinigt und ihr ihre charakterisistische Form gibt. So, wie die Einzelteile einer Maschine nicht in einer willkürlichen Art und Weise zusammengeworfen werden können, sondern die Einzelteile in einer bestimmten Beziehung zueinander zusammengefügt werden müssen, entsprechend einem vorgefassten Plan - "zusammengebaut", wie der Mechaniker sagt, so müssen die Symptome eines Falles in der Art und Weise "zusammengebaut" werden, dass sie eine Identität, ein Individuum bilden, das wir als die Persönlichkeit eines Freundes sehen und erkennen können."

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--Richtlinien von Dr. Hahnemann aus dem "Organon der Heilkunst":

§6: Der vorurtheillose Beobachter - die Nichtigkeit übersinnlichen Ergrübelungen kennend, die sich in der Erfahrung nicht nachweisen lassen, - nimmt, auch wenn er der scharfsinnigste ist, an jeder einzelnen Krankheit nichts, als äusserlich durch die Sinne erkennbare Veränderungen im Befinden des Leibes und der Seele, Krankheitszeichen, Zufälle, Symptome wahr, das ist, Abweichungen vom gesunden, ehemaligen Zustande des jetzt Kranken, die dieser selbst fühlt, die die Umstehenden an ihm wahrnehmen, und die der Arzt an ihm beobachtet. Alle diese wahrnehmbaren Zeichen represäntiren die Krankheit in ihrem ganzen Umfange, das ist, sie bilden zusammen die wahre und einzig denkbare Gestalt der Krankheit.

§15: Das Leiden der krankhft verstimmten, geistartigen, unsern Körper belebenden Dynamis (Lebenskraft) im unsichtbaren Innern und der Inbegriff der von ihr im Organism veranstalteten äusserlich wahrnehmbaren, das vorhandne Uebel darstellenden Symptome, bilden nämlich ein Ganzes, sind Eins und Dasselbe.

§17: Da nun jedesmal in der Heilung, durch Hinwegnahme des ganzen Inbegriffs der wahrnehmbaren Zeichen und Zufälle der Krankheit, zugleich die ihr zum Grunde liegende, innere Veränderung der Lebenskraft - also das Total der Krankheit - gehoben wird, so folgt, dass der Heilkünstler bloss den Inbegriff der Symptome hinwegzunehmen hat, um mit ihm zugleich die innere Veränderung, das ist, die krankhafte Verstimmung des Lebensprincips - also das Total der Krankheit, die Krankheit selbst, aufzuheben und zu vernichten.

§18: Von dieser nicht zu bezweifelnden Wahrheit, dass ausser der Gesammtheit der Symptome, unter Hinsicht auf die begleitenden Umstände an Krankheiten auf keine Weise etwas auszufinden ist, wodurch sie ihr Hülfe-Bedürfniss ausdrücken könnten, geht unwidersprechlich hervor, dass der Inbegriff aller, in jedem einzelnen Krankheitsfalle wahrgenommenen Symptome und Umstände die einzige Indication, die einzige Hinweisung auf ein zu wählendes Heilmittel sey.

Enden
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Dr. Manish Bhatia
Direktoren
Homeopathy 4 Everyone