Hahnemanns fortgeschrittene Methoden Teil 8: Vergleich der Zentesimal- und LM-Potenz

Hahnemanns fortgeschrittene Methoden Teil 8: Vergleich der Zentesimal- und LM-Potenz

Author: 
David Little

Zentesimal- und LM-Potenzen

Eine der ersten Fragen jener, für die die LM-Potenz neu ist, ist die, wie die Zentesimal- (oder "C"-Potenzen) und die LM-Potenzen in der homöopathischen Posologie miteinander in Zusammenhang stehen. Nach mehr als 14 Jahren des Vergleichens ihrer Wirkungen bin ich zu dem Schluss gekommen, dass es keine genaue numerische Äquivalenz gibt.

Vergleiche können nicht durch mathematisches Analysieren der Restmenge der ursprünglichen Substanz nach der Verdünnung oder nach der Gesamtzahl der durchgeführten Schüttelschläge durchgeführt werden. Es gibt sowohl einen sicheren qualitativen Unterschied zwischen diesen beiden Potenzsystemen, als auch einen quantitativen. Ihre Ähnlichkeiten und Unterschiede erscheinen in den Konstitutionen, Empfindlichkeiten und gesundheitlichen Zuständen deutlicher, für die sie am geeignetsten sind.

Durch den Vergleich der Kräfte dieser zwei Potenzsysteme auf ähnliche Konstitutionen, Empfindlichkeiten und Krankheiten, können wir einen Zusammenhang aus ihren komplementären, aber entgegengesetzten Heilkräften entwickeln.

John Morgan, Apotheker/Homöopath, der für die Helios Apotheke in Tunbridge Wells, England arbeitet, bietet uns einen Vergleich der Menge an Originalsubstanz zwischen den C- und LM-Potenzen an. Die LM 0/1 enthält in etwa die gleiche Menge an Originalsubstanz wie die C 6 (5,5 C); die LM 0/2 entspricht der C 8; die LM 0/3 entspricht einer C 10,5; und die LM 0/4 entspricht einer C 13. An dieser Stelle überschreiten die Potenzen die Avogadro-Zahl.

Die LM 0/30 enthält ungefähr genauso viel Originalmaterial wie eine C 70. Natürlich werden diese Beziehungen verändert, wenn 1 Globulus in 120 ml Wasser verdünnt und dann 1 Teelöffel von der medizinischen Lösung in ein Verdünnungsglas gerührt wird. Die Avogadro-Zahl wird schneller erreicht, wenn man den ganzen Prozess in Betracht zieht.

Jene unter uns, die die LM-Potenz verwendet haben, haben gesehen, dass die Mittel in Beziehung zur Menge an Originalsubstanz eine viel tiefere Wirkung erzeugen als ihre zentesimalen Gegenstücke. Boenninghausen beachtete in seinen Kleinen Schriften zur Homöopathie, dass die 50-Tausender-Mittel (LM) so tief wie die höheren Potenzen der zentesimalen Potenzen wirken. Dies deshalb, weil das 1/50.000-er Verhältnis mit 100 Schüttelschlägen eine einzigartige Heilpotenz freisetzt, die grundverschieden von dem des 1/100-er Verhältnisses mit 10 oder mehr Schüttelschlägen ist.

Die Tiefe der Durchdringung der LM-Potenz ähnelt mehr der hohen zentesimalen Potenz als den niedrigeren Potenzen. Aus diesem Grund muss man es lernen, sie korrekt anzuwenden und muss wissen, wie ihre Heilkräfte zu kontrollieren sind.

Konstitution und Empfindlichkeit

Es ist nicht möglich, einen linearen mathematischen Vergleich der medizinischen Kräfte der Zentesimal- und LM-Potenzen abzugeben. Sie besitzen Heilkräfte, die ziemlich verschieden sind und sich als komplementäre Gegenteile erwiesen haben.

Ich habe vom Robert Bosch Institut in Stuttgart, Deutschland, Kopien der Mikrofilme von Hahnemanns Pariser Krankenjournale erhalten. In den Jahren 1840 bis 1843 benutzte Hahnemann bei seinen Fällen normalerweise 7 Esslöffel der medizinischen Lösung für beide, die C- und LM-Potenzen. Für seine Patienten verwendete er hauptsächlich die Potenzen zwischen C 6 bis C 200 und den vollen Bereich der LM-Potenzen.

Er schien seine Zentesimalpotenzen für die akutesten Krankheiten, die akuteste Krise oder als akutes Zwischenmittel während der Unterbrechung einer chronischen Behandlung zu verwenden. Hahnemann verwendete seine LM-Potenzen hauptsächlich für chronische Miasmen, Unterdrückungen und für degenerative Prozesse. Diesem Muster folgte er überall in seinen Krankenjournalen, bis er mit 88 Jahren zu seinem himmlischen Wohnsitz ging.

Das in Hahnemanns Fällen gefundene Muster führte mich dazu, die Natur der Zentesimal- und LM-Potenzen genauer zu studieren. In der 5. Auflage des Organon gibt Hahnemann an, dass die zentesimalen Potenzen schnell in ihrem Wirkungsbeginn sind und am Anfang chronischer Behandlungen zu Verschlimmerungen tendieren. In der 6. Auflage des Organon gibt Hahnemann an, dass die LM-Potenzen allmählicher wirken und dazu tendieren, am Ende der Behandlung Verschlimmerungen zu bereiten. Ich habe dieses oft miterlebt.

Dies bietet einen Schlüssel für die Unterschiede zwischen den Heilkräften der Zentesimal- und LM-Potenzen an. Akute Krankheit, Krise und akut-ähnliche Verschlimmerungen einer chronischen Pathologie, sie alle haben dieselben Qualitäten eines schnellen Beginns und rascher Krise, die den Verschlimmerungen von Zentesimalpotenzen sehr ähnlich sind.

Das Muster einer chronischen Krankheit zeigt sich langsam und allmählich und es erreicht seine Krise in den späten Stufen seiner Entwicklung, sehr ähnlich der Verschlimmerung bei den LM-Potenzen. Das Tempo, das Fortschreiten und das Ende der Arzneimittelwirkungen und die akuten und chronischen Zustände sind ähnlich.

Ist dies der Grund, weshalb Hahnemann die zentesimalen Mittel bei akuter Krankheit, akut-ähnlichen Verschlimmerungen chronischer Miasmen oder Krisen testete? Verwendete er seine LM-Potenzen bei miasmatischen und konstitutionellen Zuständen, weil sie dem chronischen Krankheitsprozess ähnlicher sind?

Simillimum Simillimo!

In meinen 12 Jahren des Prüfens in Indien testete ich genau diese Hypothese und stellte fest, dass sie relativ genau, aber nicht eine absolute Tatsache war. Ich machte Studien mit LMs bei akuten Krankheiten und Cs bei chronischen Fällen, um eine ausgewogene Perspektive zu bekommen.

Es ist einfach wahr, dass die höhere Zentesimalpotenz fabelhafte Arbeit bei akuten Störungen und Krisen leisten kann. Sie vollführen auch manchmal Wunder bei funktionellen Erkrankungen von chronischer Natur. Der schwierigste Bereich für die Verwendung hoher und höchster zentesimaler Potenzen ist bei chronischen Krankheiten mit Miasmen, bei Unterdrückungen, iatrogenen Krankheiten und Fällen mit ernster organischer Pathologie.

In diesen Situationen ist er sehr schwer, den Fall mit hohen zentesimalen Potenzen zu handhaben. Hahnemann wusste dies aus seinen Erfahrungen mit der C 200 bis zur M 1. Deshalb begann er seine neuen Experimente. Er entschied, dass das weitere Anheben der Potenzen dieses Problem nicht lösen würde. Deshalb experimentierte er damit, stattdessen die Verdünnungsrate zu steigern.

Dies ist wirklich ein Bereich, in dem die sorgfältige Steuerung der LM Potenz wunderbare Heilungen vollbringt und die Lebensqualität und Lebensjahre Älterer und jener verbessern kann, die von schwerwiegender Pathologie gezeichnet sind. Viele der Schwierigkeiten der Trockengabe von zentesimalen Hochpotenzen in solchen Fällen werden von den neuen Methoden völlig überwunden.

Manche der schnell wirkenden Qualitäten der Zentesimalpotenzen werden durch die medizinische Lösung gemäßigter und kontrollierbarer gemacht, aber ihre wesentliche Natur bleibt erhalten. Die Hunderterpotenzen haben eine unglaubliche Anzahl von 1 bis 100 Verdünnungen und Schüttelschlägen erhalten, die in ein im Vergleich zu den LM-Potenzen in ein geringes Verdünnungsverhältnis gezwungen sind. Dies gibt ihnen ihre feurige Natur und die schnell durchdringenden heilsamen Qualitäten.

Es hängt von ihrem hohen Verdünnungsverhältnis ab, dass die LM Potenz ihre tiefwirkenden Heilkräfte produziert, anstatt von der Anzahl der Verdünnungen wie bei den Cs. Sie sind auch nicht eine solch immaterielle Gabe wie die hohe Zentesimalpotenz. Eine C 12 überschreitet die Avogadro-Zahl, während die LM 0/1, LM 0/2 und LM 0/3 immer noch materielle Substanz enthalten.

Diese Kombination der Qualitäten der hohen Verdünnungsraten und seriellen Potenzen liefert die besten Qualitäten einer niedrigen und einer hohen Potenz. Eine C 30 ist viel immaterieller als eine LM 0/1, aber ihre Heilmittelwirkungen haben viel weniger medizinische Fähigkeiten. Deshalb wirkt die LM 0/1 eher wie eine Hochpotenz, jedoch ist sie noch materieller.

Die LM Potenz ist das Körnchen auf der Waage zwischen der vitalen und der organischen Ebene. Daher ist sie für fortgeschrittene chronische Krankheiten und Miasmen geeignet.

Nach vielen Jahren der Beobachtung bin ich zu dem Schluss gekommen, dass die Zentesimalpotenz zu bestimmten Personen passt, während die LMs zu anderen passen. Manchmal kann man es erst im Nachhinein, nach dem Austesten beider Potenzsysteme am selben Patienten, bestimmen.

Dennoch scheint es klar zu sein, dass die C-Potenz zu Traumen, akuten Krankheiten, akuten Miasmen, akutähnlichen Verschlimmerungen chronischer Krankheiten, chronischen Krankheiten, die noch immer in einer funktionellen statt einer pathologischen Phase sind, und chronischen Krankheiten, die mit einer ernsten Krise beginnen und rasch in Richtung Pathologie voranschreiten, passt.

Die LM Potenz scheint zu den Langzeitwirkungen von Traumen, akuten Krankheiten und akuten Miasmen zu passen, die sich schon in eine organische Pathologie entwickelt haben, von Krisen, die sich langsam entwickelt haben, von Krankheiten mit weit entwickelter organischer Pathologie und von chronischen Krankheiten, die sich heimtückisch über eine Zeitspanne von Jahren entwickeln.

Die Tatsache, dass die C- und die LM-Potenz komplementäre Gegenteile sind, dehnt die therapeutischen Horizonte in der homöopathischen Apotheke weit aus. Deshalb ist es unsere Überzeugung, dass Homöopathen beide Potenzsysteme ausnutzen sollten.

Die Empfindlichkeitsskala

Ein Bereich, in dem der Homöopath die Wirkungen von Zentesimal- und LM-Potenzen eindeutig vergleichen kann, ist bei Personen mit ähnlichen konstitutionellen Situationen. Nicht alle Konstitutionen reagieren auf dieselbe Art auf dieselbe Potenz. Hahnemann stellte die Potenz seiner Gaben auf die Beziehung der konstitutionellen Empfänglichkeiten seiner Patienten ein. Aus diesen Beobachtungen heraus war er in der Lage, eine quantitative Differenz zwischen der Empfindlichkeit eines Hyposensitiven zu einem Überempfindlichen zu beobachten.

Siehe § 281 des Organon.

"Die ersten kleinsten Gaben müssen dann natürlich auch, wenn Heilung erfolgen soll, wieder allmälig erhöht werden, doch weit weniger und langsamer bei Kranken, an denen man eine beträchtliche Erregbarkeit wahrnimmt, als bei Unempfänglichern, bei welchen letztern man schneller mit den Gaben steigen kann. Es giebt Kranke, deren ungemeine Erregbarkeit sich zu der der Unempfänglichsten, wie 1000 zu 1 verhält."

Die Empfindlichkeitsskala von 1 bis 1000 zeigt die gewaltigen Variationen auf, die man in den Konstitutionen von Personen findet. Eine Gabe und Potenz, die keinen Hyposensitiven beeinflussen würde, könnte bei Überempfindlichen eine schreckliche Verschlimmerung verursachen. Das Phänomen von der homöopathischen Verschlimmerung steht in Zusammenhang mit drei Faktoren, d. h. mit einer übertrieben großen Gabe, mit einer zu hohen Potenz und mit der Verabreichung eines Mittels, wenn es nicht erforderlich ist.

Die Methoden zur Einstellung der Gaben wurden entwickelt, um dem Homöopathen die Möglichkeit zu geben, die Posologie mit derselben Sorgfalt zu individualisieren, wie er die Auswahl des Mittels durch die Symptome personalisiert.

Das Beurteilen der Empfindlichkeit

Nicht alle Personen haben dieselbe Empfindlichkeit, selbst wenn ihre Vitalität relativ gleich ist. Wenn wir die Konstitution und Veranlagung von Personen sorgfältig studieren, können wir bestimmte Zeichen und Symptome beobachten, die Hinweise auf ihre relative Empfindlichkeit geben.

1. Der überempfindliche Patient (700-1000). Die Hauptanzeichen für Hypersensitivität schließen die folgenden Symptome ein:

A. Sehr nervöse Personen, sich rasch bewegende Personen, rasche Gemütsschwankungen und schnelle Veränderungen der Symptome, wache Sinne, schnelle, starke Reaktionen auf Umwelteinflüsse wie Lärm, Licht, Menschenmengen, usw., das Bedürfnis für eine sorgfältig ausgewählte Kost, multiple Allergien oder Empfindlichkeiten auf chemische Substanzen, Anfälligkeit für Nebenwirkungen nach der Einnahme von Heilkräutern und Vitaminen usw. Sie haben oft Schwierigkeiten zu schlafen. Diese Konstitutionen befinden sich normalerweise in einem Zustand einer Überfunktion und Hypertonie und dem Bedürfnis, beruhigt werden zu müssen.

B. Die Empfindlichkeit ist häufig bei jenen mit fortgeschrittener Gewebspathologie, geschwächter Vitalität, überempfindlicher Lebenskraft und einer Geschichte langzeitlichen Medikamentengebrauchs oder bei Arzneiwirkungen gesteigert. Vorsicht ist immer bei Älteren geboten.

2. Der gering empfindliche Patient (1-300). Die Hauptanzeichen von Geringempfindlichkeit schließen die folgenden Symptome ein:

A. Diese Konstitutionen zeigen die entgegengesetzten Zustände der Überempfindlichen. Solche Person führen langsame Bewegungen aus, besitzen eingetrübte Sinne und Intellekt, sie können fast jegliche Nahrung, Kräuter, Vitamine usw. aufnehmen, zeigen eine reduzierte Reaktion auf Umweltreize (reagieren ungerührt auf Lärm, Licht, Gerüche, Menschenmengen, usw.). Sie haben selten Allergien. Diese Konstitutionen sind in einem Zustand einer Unterfunktion und sie müssen stimuliert werden, um anzufangen, sich zu bewegen.

B. Die Empfindlichkeit wird manchmal bei jenen vermindert, die zu viele Medikamente, besonders Tranquilizer und Sedativa genommen haben. Ihnen fehlt Energie und sie können in einem geschwächten Zustand sein, und ihnen fehlen oft reaktive Fähigkeiten. Wenn sie eine schwache Vitalität besitzen, dann sollte der Homöopath konservativ mit der Gabe und Potenz umgehen.

3. Der gemäßigt empfindliche Patient (400-700) stellt die durchschnittliche konstitutionelle Empfindlichkeit dar. Die Haupanzeicheneichen sind wie folgt:

A. Diejenigen von durchschnittlicher Empfindlichkeit haben eine gute Vitalität und sie reagieren gemäßigt auf Umwelteinflüsse. Sie können normalerweise eine weit gefächerte Kost zu sich nehmen, und sie können in vernünftigen Mengen Vitamine, Mineralien und Kräuter einnehmen. Wenige, wenn überhaupt welche, haben Allergien oder chemische Empfindlichkeiten. Ihre Organe und Gewebe sind weder hyper- noch hypoaktiv. Sie zeigen Zeichen von Angemessenheit in allen Dingen. Sie sind ziemlich stabile Personen, die für keine raschen Änderungen von Symptomen anfällig sind.

Sobald der Homöopath ein guter Kenner der Konstitution wird, kann er die Empfindlichkeit zu einem gewissen Grad lesen. Natürlich werden Sie es nie wirklich sicher wissen, bis Sie die erste Gabe verabreicht haben! Deshalb ist es immer am besten, eine Testgabe zu verabreichen und die Reaktion der Lebenskraft für eine angemessene Zeit auszuwerten.